Organisatoren:
Prof. Dr. Dr. Henrik Holm (Oslo), Johannes Frank Hoerlin M.A. (Oslo/Passau) und Dr. Christina Kast
(Magdeburg), in Kooperation mit dem Kolleg Friedrich Nietzsche der Klassik Stiftung Weimar.
Das Vorhaben
Der Begriff der Verzweiflung ist kein philosophischer Grundbegriff im Werk Friedrich Nietzsches.
Darum existiert – sowohl das Werk als auch die Biografie Nietzsches betreffend – auch kaum
Forschungsliteratur über das psychische Phänomen der Verzweiflung. Die Verzweiflung ist jedoch, so
unsere Hypothese, hier wie dort allpräsent. Sie ist bei Nietzsche im Zusammenhang von Verhältnissen
zu denken: im Verhältnis zum eigenen Selbst, zur Welt, zu den Menschen, zu Gott. Vielleicht gab es nie
einen Klassiker des philosophischen Denkens, der so unter Verzweiflung gelitten und diese zugleich auf
so subtile Weise philosophisch reflektiert hat. Kann die Verzweiflung als „das Ungesagte im Gesagten“
(Heidegger) verstanden werden?
In Rahmen der Tagung wollen wir die Frage aufwerfen, inwiefern Nietzsches Werk als eine
philosophische Auseinandersetzung mit der Verzweiflung gelesen werden kann und wie mit und durch
Nietzsche eine philosophische Reflexion auf das Phänomen der Verzweiflung angestoßen werden kann.
Die Tagung verfolgt demnach eine doppelte Zielsetzung: Zum einen soll dem in der Forschung
vernachlässigten Phänomen der Verzweiflung in Nietzsches Werk nachgespürt werden, um durch diesen
Zugang einen neuen Blick auf sein Leben und Denken zu eröffnen. Zum anderen steht eine systematischphilosophische
Zielsetzung im Mittelpunkt: Das Phänomen der Verzweiflung soll im Kontext
menschlichen Seins durchdacht werden. Folgt man Kierkegaard, so ist Verzweiflung eine genuine
Angelegenheit des menschlichen Geistes: Weil der Mensch Geist ist, verzweifelt er. Die Aktualität einer
philosophischen Auseinandersetzung mit der Verzweiflung besteht folglich darin, dass aus einer
Einsicht in dieses psychische Phänomen zugleich ein Erkenntnisgewinn über die geistige Konstitution
des Menschen erwartet werden darf. Unser Ziel ist es also auch, einen Beitrag zur Wiederaneignung des
Verzweiflungsbegriffs durch die Philosophie zu leisten, um diesen in seiner Relevanz für das
Nachdenken über den Menschen wiederzuentdecken. Darin besteht, um mit Nietzsche zu sprechen, das
„edle Dazu“ der Tagung.
Aufbau und Durchführung
Ist der verzweifelte Mensch am Abgrund seines Geistes? Im Laufe der Tagung sollen Potentiale und
Grenzen des Themas mit und durch Nietzsche diskutiert werden. Sie soll drei thematische Einheiten
umfassen:
Sektion I Biographische Annäherung: Friedrich Nietzsche – Verzweifelter Mensch und Philosoph
Sektion II Werkimmanente Annäherung: Verzweiflung im Werk Friedrich Nietzsches
Sektion III Verzweiflung und Geist: Versuch einer philosophischen Wiederaneignung eines psychischen
Phänomens
Wir laden hiermit alle Interessierten ein, aussagekräftige Vorschläge für einen Beitrag einzureichen. Für
Sektion III werden u.a. ausdrücklich auch phänomenologische Annäherungen an die Thematik erbeten.
Bitte senden Sie Ihre Abstracts (max. 500 Wörter) bis zum 10. Juli 2020 per E-Mail an Frau Dr.
Christina Kast (christina.kast@ovgu.de).
Die Vortragsdauer umfasst 45 Minuten (20 Minuten Vortrag, 25 Minuten Diskussion). Ein Zuschuss
zu den Reise- und Unterkunftskosten kann aktuell nicht zugesichert werden;
Finanzierungsmöglichkeiten werden jedoch geprüft. Eine anschließende Publikation ist vorgesehen.