Nietzsches Denken ist trotz seiner Stilisierung als unzeitgemäßer Denker und trotz seiner Angewohnheit, wichtige Quellen und Prätexte in seinen Schriften zu kaschieren, ohne eine Kenntnis seiner Lektüren kaum angemessen zu verstehen. Die Aktivitäten Nietzsches als Leser und sein Umgang mit Werken anderer Autoren sind daher ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis seines Denkens. Nicht nur Auswahl und Zeitpunkt seiner Lektüren (und Nicht-Lektüren) können erhellend sein; vielmehr geben auch seine Lesespuren, Randbemerkungen, Anstreichungen und Exzerpte häufig hilfreiche Hinweise zum Verständnis seiner Texte. Dabei nimmt Nietzsche das Gelesene jedoch fast nie in monodirektionalen Adaptionen, sondern zumeist in komplexen und variantenreichen Formen konstruktiver Aneignung auf. Nietzsches Bibliothek ist daher weder identisch mit seinen Lektüren, noch sind diese identisch mit der Gedankenwelt, in der er sich schöpferisch bewegt. Die Kenntnis seiner Lektüren entfaltet ihren Nutzen nur im Zusammenhang mit hermeneutischen Überlegungen.
Veranstalter: Klassik Stiftung Weimar, Forschungsstelle »Nietzsche-Kommentar« der Heidelberger Akademie der Wissenschaften
Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. Paolo D’Iorio, Prof. Dr. Andreas Urs Sommer
Donnerstag, 29. Juni | ||
13.30 | Anreise | |
14.00 | Andreas Urs Sommer, Paolo D’Iorio | Begrüßung und Einführung in die Erforschung von Nietzsches persönlicher Bibliothek |
14.30 | Helmut Heit, Yannick Souladié | Von Drossbach zum Willen zur Macht? Methodisches und Technisches zum Kommentarprojekt |
15.30 | Anna Barth | „Versteht ihr meine gelehrte Anspielung?“ Nietzsche als Leser des Alten Testaments
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16.15 | Kaffeepause | |
16.45 | Alexandra Hertlein | ‚Am Eingangstor der hellenischen Ethik‘: Nietzsche liest Hesiod |
17.30 | Jing Huang | Nietzsches Lektüre von Aristoteles |
19.00 | Abendessen | |
Freitag, 30. Juni | ||
09.45 | Annamaria Lossi | Die Rhetorik-Vorlesungen: eine unzeitgemäße sprach-ästhetische Lektüre anhand der philologischen Quellenrekonstruktion und -Dekonstruktion |
10.30 | Milan Wenner | Nietzsches Lektüre von Eduard Zellers Philosophie der Griechen in ihrer geschichtlichen Entwicklung |
11.15 | Kaffeepause | |
11.45 | Daniela Kohler | Nietzsche liest David Friedrich Strauß |
12.30 | Sarolta Kővári | Wie Nietzsche Eduard von Hartmann gelesen hat |
13.15 | Mittagessen | |
14.45 | Paul Stephan | Nietzsche als Leser eines abtrünnigen Studenten: Paul Heinrich Widemann |
15.30 | Nikolaos Loukidelis | Zu den Quellen des Leibniz-Bildes in den Aphorismen 354 und 357 der Fröhlichen Wissenschaft |
16.15 | Kaffeepause | |
16.45 | Tobias Brücker | Sichtbare und unsichtbare Lektürespuren in den Materialien vom Wanderer und sein Schatten |
17.30 | Matthias Bormuth | Archäologische Lektüren im Horizont Nietzsches. Karl Jaspers liest Hölderlin und Max Weber |
19.00 | Abendessen | |
Samstag, 01. Juli | Rokoko-Saal und Petersen-Bibliothek, Weimar | |
09.00 | Erdmann von Wilamowitz- Moellendorff | Die Nietzsche-Sammlung in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek |
10.00 | Stefan Höppner | Goethes Bibliothek |
11.15 | Rachele Salerno | Die ideale Bibliothek des Freigeistes |
12.00 | Armin Thomas Müller | Eine ethnologische Quelle Nietzsches: John Lubbocks Entstehung der Civilisation und der Urzustand des Menschengeschlechts (1875) |
13.18 Rückfahrt nach Oßmannstedt | ||
13.30 | Mittagessen | |
14.45 | David Simonin | Alfred Espinas: Die thierischen Gesellschaften |
15.30 | Emmanuel Salanskis | The Realm of Human Breeding: Nietzsche’s Reception of Francis Galton’s Inquiries |
16.15 | Kaffeepause | |
16.45 | Sandra Freregger | Nietzsche als Leser Emersons zur Zeit der Abfassung der Fröhlichen Wissenschaft |
17.30 | Claus Zittel | Nietzsches Yorik |
18.30 | Abschlussrunde | |
19.00 | Abendessen | |
Sonntag, 02. Juli | ||
Besichtigung von Röcken, Weimar, Naumburg… | ||
Abreise |
ONC 2017 Programmablauf (PDF)
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