Leitung: Dr. Sarah Bianchi und Dr. Rüdiger Schmidt-Grépály
Hauptreferent(inn)en: Prof. em. Dr. Dr. h.c. Volker Gerhardt und Prof. em. Dr. Renate Reschke
„Je vollkommner die Maschine, desto mehr Moralität macht sie nötig“ konstatierte Friedrich Nietzsche bereits im Jahr 1879. Die rasante technologische Entwicklung scheint unter den heutigen Bedingungen Nietzsche immer mehr Recht zu geben. Betrachten wir die neuesten Biotechnologien, die unter dem Stichwort ‚Enhancement’ gefasst werden, so wird deutlich, dass es längst nicht mehr um die Frage nach dem technisch Möglichen geht, sondern weit wichtiger scheint die Frage nach dem ethisch Gerechtfertigten zu werden. Was wiederum als ethisch gerechtfertigt erachtet wird, kann für Nietzsche nicht bloß vorgefunden werden, sondern entwickelt sich aus dem Verhältnis von Mensch und Technik. Dass Nietzsche diesem Verhältnis durchaus skeptisch gegenüber steht, zeigt seine Kritik an einer vereinseitigenden „Maschinen-Cultur“ , die keinen „Antrieb zum Höhersteigen, zum Bessermachen, zum Künstlerwerden“ bietet. Auf den ersten Blick mag eine solche Kritik Nietzsches an der technischen Entwicklung überraschen, berufen sich doch in der zeitgenössischen Debatte insbesondere posthumanistische, äußerst technikbegeisterte Strömungen auf ihn.
Die Schnittstelle von philosophischer Anthropologie und Ethik nimmt der Workshop zu seinem Ausgangspunkt, um daran anschließend das Verhältnis von Mensch und Technik im Lebenszusammenhang auszuloten. Ein solcher Fluchtpunkt verspricht, die technischen Entwicklungen nicht a priori zu begrenzen. Wenn die Unterscheidungen von Natur vs. Kultur, natürlich vs. künstlich und Gesundheit vs. Krankheit heute nicht mehr greifen, so fragt der Workshop danach, welche Aufschlüsse das Verhältnis von Anthropologie und Ethik bei Nietzsche in der Debatte um Enhancement bieten kann. Schwerpunkte bilden dabei Fragen nach geeigneten Strategien von Kritik und nach Nietzsches Verständnis von dem, was Mensch-sein, oder besser: Mensch-werden, tatsächlich bedeutet.