F. Balke, J. Vogl, B. Wagner (Hg.): Für alle und keinen. Lektüre, Schrift und Leben bei Nietzsche und Kafka

Diaphanes, April 2008, 304 p.

Es gibt kaum zwei andere Autoren der deutschsprachigen Moderne, bei denen das Verhältnis von Sprache und Leben so intensiv verhandelt wird wie bei Friedrich Nietzsche und Franz Kafka. Für Nietzsche, den gefährlichen Denker und das Dynamit der christlich-abendländischen Werteordnung, wie für Kafka, den Dichter der Angst und Experten für Arbeiter-Unfallversicherung, bilden die biopolitischen Dispositive des heraufkommenden Wohlfahrtsstaates und die Verschiebungen, die der Historismus für die Ökonomie des Wissens und die Massenpresse für die Ökonomie der Rede bedeuten, eng aufeinander bezogene Faktoren des Problemgefüges, das ihre Schreibprojekte hervortreibt. Für beide stellt der Doppelcharakter sprachlicher Überlieferung als Sicherung des kollektiven Lebens und als Unterwerfung des individuellen eine zentrale schriftstellerische Herausforderung dar, und beide begreifen die daraus resultierende Riskanz einer radikalen Umschrift der durch Lektüre angeeigneten Tradition als ethisches Problem. Der Band zielt darauf ab, die beiden Antworten auf jene Herausforderung vor ihrem jeweiligen biographischen und zeitgeschichtlichen Hintergrund gegeneinander zu kontrastieren und sie zugleich als bis heute gültige paradigmatische Haltungen im diskursiven Feld der Moderne sichtbar werden zu lassen. Indem der Band den dialogischen Bezug Kafkas auf Nietzsche auf der Folie diskursiver und medialer Ereignisse und Konstellationen der Zeit motiviert und spezifiziert, läßt er ihn zugleich als vielstimmigen Polylog oder sogar unlesbaren Babellog quer durch die Kultur und die Wissensfelder des anbrechenden kurzen 20. Jahrhunderts (1914-1989) erscheinen. Mit Beiträgen von Joseph Vogl, Bernhard Dotzler, Friedrich Balke, Gerhard Neumann, Philipp Theison, Hubert Thüring Attanucci, Wolf Kittler, Malte Kleinwort, Andreas Kilcher, Stanley Corngold und Benno Wagner.

ISBN : 3037340398, 30€

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